Selbstnutzung von Immobilien: So kalkulieren Sie Instandhaltungskosten realistisch

Selbstnutzung von Immobilien: So kalkulieren Sie Instandhaltungskosten realistisch
Thomas Hofstätter 8 Nov 2025 0 Kommentare Wohnen

Wenn Sie Ihre Immobilie selbst nutzen, denken Sie vielleicht: Instandhaltungskosten sind kein Problem - ich zahle ja keine Miete. Doch genau hier liegt die Falle. Wer seine Wohnung oder sein Haus selbst bewohnt, trägt alle Kosten selbst. Keine Mieteinahmen, keine Vermieter-Subventionen. Und wenn die Heizung kaputtgeht, der Dachstuhl feucht wird oder die Fassade sanierungsbedürftig ist, muss der Eigentümer alles aus eigener Tasche bezahlen. Viele unterschätzen das - mit schwerwiegenden Folgen.

Warum 1 % des Gebäudewerts nicht reicht

Die Faustregel von 1 % bis 1,5 % des Gebäudewerts jährlich für Instandhaltung ist weit verbreitet. Für ein Haus mit 340.000 Euro Wert bedeutet das 3.400 bis 5.100 Euro pro Jahr. Klingt machbar. Doch diese Zahl ist nur ein Ausgangspunkt. Sie ignoriert das Alter der Immobilie, den Zustand der Technik und die regionale Bauweise. Laut dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) ist die durchschnittliche selbst genutzte Immobilie in Deutschland 38 Jahre alt. Das ist kein Neubau. Das ist ein Haus, das bereits mehrere Reparaturzyklen hinter sich hat.

Ein 25-jähriges Haus braucht andere Mittel als ein 50-jähriges. Die Experten von RN Immobilien empfehlen daher eine Altersstaffelung: Bei Immobilien bis 22 Jahre sind 7,10 Euro pro Quadratmeter und Jahr realistisch. Zwischen 22 und 32 Jahren steigt der Wert auf 9,20 Euro. Ab 32 Jahren sind es bis zu 11,50 Euro pro qm. Für eine 100 qm große Wohnung bedeutet das: Nach 35 Jahren müssen Sie mit über 1.150 Euro pro Jahr rechnen - allein für die Grundinstandhaltung. Und das ohne Heizung, Fenster oder Dach.

Die drei Formeln, die wirklich zählen

Es gibt drei etablierte Methoden, um Ihre Instandhaltungsrücklage zu berechnen. Keine davon ist perfekt. Aber zusammen ergeben sie ein klares Bild.

  • Peters’sche Formel: Herstellungskosten pro qm × 1,5 ÷ 80 = jährliche Rücklage pro qm. Ein Haus mit 135 qm und 340.000 Euro Baukosten (ca. 2.520 Euro/qm) ergibt 6.372 Euro pro Jahr. Das ist die detaillierteste Methode - aber sie braucht genaue Baukosten, die oft nicht mehr bekannt sind.
  • 1-Euro-Regel: Mindestens 1 Euro pro qm und Monat. Für 100 qm: 100 Euro im Monat, 1.200 Euro jährlich. Der Verband Privater Bauherren sagt: Bei schlechtem Zustand bis zu 5 Euro pro qm. Das ist die einfachste, aber auch riskanteste Methode - sie ist nur ein Minimum.
  • Gebäudewert-Methode: 1,5 % des aktuellen Marktwerts. Bei 340.000 Euro: 5.100 Euro pro Jahr. Diese Formel ist praktisch, weil sie den aktuellen Wert berücksichtigt, nicht den alten Baukosten. Sie ist die am häufigsten verwendete Methode von Banken und Beratern.

Für Eigentumswohnungen gilt: Multiplizieren Sie das Ergebnis mit 0,7. Denn 65-70 % der Instandhaltungskosten fallen auf das Gemeinschaftseigentum - Dach, Fassade, Treppenhaus - und werden über die Nebenkosten abgedeckt. Eine 100 qm Wohnung mit 1.500 Euro Baukosten pro qm ergibt nach Peters 2.812 Euro jährlich. Mit dem Faktor 0,7: 1.969 Euro. Das ist realistisch.

Drei Finanzformeln für Instandhaltungskosten mit Apartment-Symbol und sparndem Sparschwein.

Was Sie nicht mit Instandhaltung verwechseln dürfen

Ein häufiger Fehler: Modernisierung wird als Instandhaltung abgehandelt. Das ist falsch. Und es kostet Geld - und Steuervorteile.

Instandhaltung erhält den ursprünglichen Zustand. Ein kaputter Heizkessel wird 1:1 ersetzt. Eine alte Fensterscheibe wird durch eine neue ersetzt. Das ist Instandhaltung. Modernisierung ist etwas Neues: Die Heizung wird auf Wärmepumpe umgestellt. Die Fenster werden auf Dreifachverglasung gebracht. Das ist eine Verbesserung - und das hat steuerliche Konsequenzen.

Der Deutsche Verband der Steuerberater (DStV) klärt: Nur Instandhaltungskosten können als Werbungskosten abgesetzt werden - aber nur für Vermieter. Selbstnutzer können das nicht. Dafür gibt es den Steuerbonus für Handwerkerleistungen: 20 % der Lohnkosten, maximal 1.200 Euro pro Jahr. Aber: Nur wenn die Arbeit tatsächlich durchgeführt wurde. Sie können keine Rücklage bilden und davon absetzen. Sie müssen die Rechnung haben - und sie muss auf Ihren Namen lauten.

Das bedeutet: Wer 20.000 Euro für eine neue Heizung ausgibt, bekommt nur 4.000 Euro Steuerrückerstattung - und das nur, wenn er die Arbeiten 2025 macht. Wer das als laufende Instandhaltungskosten sieht, liegt falsch. Das ist eine Investition - und die muss im Budget separat geplant werden.

Die größten Fallstricke - und wie Sie sie vermeiden

Laut der Bundeszentrale für politische Bildung haben selbst genutzte Eigentümer im Durchschnitt 18,7 % höhere Instandhaltungskosten als geplant. Warum?

  • Keine Rücklage im Haushalt: Der Deutsche Mieterbund sagt: 41 % der Käufer planen die Instandhaltungsrücklage nicht als festen monatlichen Posten. Sie zahlen, wenn die Rechnung kommt - und dann fehlt das Geld.
  • Unterschätzung des Alters: Ein Haus aus den 80er-Jahren hat nicht nur eine alte Heizung. Es hat veraltete Rohre, schwache Dämmung, mögliche Asbestplatten. Das wird oft übersehen.
  • Regionale Risiken: In Küstennähe ist Salzangriff auf Fenster und Metall ein Problem. In Gebieten mit hohem Grundwasser steigt die Feuchtigkeit in Kellern. In ländlichen Gegenden gibt es oft Schädlingsbefall durch Holzwürmer. Das kostet extra.
  • Heizsysteme: Immobilien mit Gasheizung haben laut Opacta-Daten durchschnittlich 12,3 % höhere Instandhaltungskosten als solche mit Wärmepumpe. Warum? Gasgeräte sind komplexer, haben mehr Verschleißteile, und die Preise für Gas und Wartung steigen.

Die Lösung? Machen Sie eine Checkliste vor dem Kauf:

  1. Wie alt ist das Gebäude?
  2. Wann wurden Fenster, Heizung, Dach zuletzt erneuert?
  3. Was steht im Energieausweis über den Sanierungsstand?
  4. Haben Sie zwei unabhängige Gutachter beauftragt? (Empfohlen vom Verband Privater Bauherren)
  5. Welche Heizungsart hat es - und wie alt ist sie?
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Wie Sie die Rücklage praktisch umsetzen

Es bringt nichts, die richtige Zahl zu kennen - wenn Sie das Geld nicht ansparen.

Die meisten Experten empfehlen: Monatliche Überweisung auf ein separates Konto. Kein Sparbuch, kein Girokonto. Ein eigenes Konto, das nur für Instandhaltung dient. So vermeiden Sie, dass das Geld für Urlaub, Auto oder neue Möbel verwendet wird.

Ein Beispiel: Eine 70 qm große Wohnung mit 38 Jahren Alter. Nach der Altersstaffelung: 11,50 Euro/qm × 70 = 805 Euro pro Jahr. Das sind 67 Euro monatlich. Aber: Die Heizung ist 20 Jahre alt. Die Fenster sind einfachverglast. Die Fassade ist nicht gedämmt. Dann rechnen Sie mit 150 Euro pro Monat. Das ist nicht viel - aber es ist konsequent. In 10 Jahren haben Sie 18.000 Euro gespart. Das reicht für eine neue Heizung oder ein neues Dach.

Es gibt Tools, die helfen. Opacta bietet einen Online-Instandhaltungsrechner an, der auf fünf Parametern basiert: Wohnfläche, Gebäudewert, Baujahr, Sanierungsstand, Heizungssystem. Die App der Deutschen Finanzberatung AG nutzt KI und 1.200 Datenpunkte, um Reparaturprognosen für die nächsten fünf Jahre zu erstellen. Die Genauigkeit liegt bei 83,7 % - nach einer Studie der TU München.

Was kommt als Nächstes? Der Instandhaltungsnachweis

Die Bundesregierung plant bis 2025 einen verpflichtenden Instandhaltungsnachweis für alle Immobilienkäufe. Das bedeutet: Verkäufer müssen vor dem Verkauf einen schriftlichen Überblick über alle anstehenden Instandhaltungsmaßnahmen, deren Kosten und Zeitpunkte vorlegen. Das ist ein großer Schritt zur Transparenz.

Was das für Sie als Käufer bedeutet: Sie bekommen eine klare Liste, was in den nächsten 5-10 Jahren kommt. Kein mehr „Ich dachte, das ist in Ordnung“. Das macht die Planung einfacher - aber es zeigt auch: Die Kosten sind real, und sie sind hoch.

Die Handwerkerpreise steigen jährlich um 4,2 %, wie der IVD prognostiziert. Wer heute 100 Euro pro Monat zurücklegt, muss in fünf Jahren 122 Euro zahlen, um das gleiche zu erreichen. Ihre Rücklage muss also jährlich angepasst werden. Einmal berechnet - und vergessen - ist kein Plan. Das ist ein Prozess.

Die Wahrheit ist einfach: Wer eine Immobilie selbst nutzt, ist kein Konsument. Er ist ein Investor. Und wie jeder Investor muss er wissen, was die Kosten sind - und wie er sie deckt. Instandhaltung ist keine Ausgabe. Sie ist eine Investition in Ihre Zukunft - in Ihre Sicherheit, Ihre Gesundheit, Ihre Wertstabilität.

Wenn Sie heute nicht zurücklegen, zahlen Sie morgen mit Zinsen, Krediten oder Stress. Das ist keine Hypothese. Das ist Realität - für Tausende in Deutschland.

Wie viel Instandhaltungsrücklage brauche ich monatlich für meine Wohnung?

Es hängt von Alter, Größe und Zustand ab. Als Faustregel: 1 Euro pro Quadratmeter und Monat ist das Minimum. Für eine 80 qm-Wohnung sind das 80 Euro. Wenn das Haus älter als 30 Jahre ist, rechnen Sie mit 10-12 Euro pro qm und Jahr - das sind 67 bis 80 Euro monatlich. Nutzen Sie einen Online-Rechner mit Baujahr und Heizungssystem für eine genauere Zahl.

Kann ich Instandhaltungskosten steuerlich absetzen?

Nein, als Selbstnutzer nicht als Werbungskosten. Aber Sie können den Steuerbonus für Handwerkerleistungen nutzen: 20 % der Lohnkosten, max. 1.200 Euro pro Jahr. Das gilt nur für Reparaturen und Erneuerungen, nicht für Modernisierungen. Wichtig: Die Rechnung muss auf Ihren Namen lauten, und die Arbeit muss tatsächlich durchgeführt worden sein.

Was ist der Unterschied zwischen Instandhaltung und Modernisierung?

Instandhaltung ersetzt etwas, was kaputt ist, mit dem Gleichen - z. B. einen alten Heizkessel durch einen neuen gleichen Typ. Modernisierung verbessert den Zustand - z. B. die Heizung auf Wärmepumpe umzustellen oder Fenster auf Dreifachverglasung zu wechseln. Modernisierung ist eine Investition, Instandhaltung eine Erhaltung. Das hat steuerliche und finanzielle Folgen.

Warum ist die Altersstaffelung so wichtig?

Ein Haus aus den 90er-Jahren hat andere Probleme als eines aus den 70er-Jahren. Ältere Häuser haben veraltete Rohre, schwache Dämmung, Asbest oder Holzschäden. Die Wahrscheinlichkeit, dass Heizung, Fenster oder Dach in den nächsten 5-10 Jahren erneuert werden müssen, steigt mit dem Alter. Die Altersstaffelung berücksichtigt genau das - sie sagt: Je älter, desto mehr Geld müssen Sie zurücklegen.

Sollte ich eine KI-App zur Instandhaltungsplanung nutzen?

Ja, wenn Sie eine präzise Prognose wollen. Apps wie die von der Deutschen Finanzberatung AG nutzen 1.200 Datenpunkte und historische Reparaturdaten, um zu berechnen, was in den nächsten fünf Jahren auf Sie zukommt. Die Genauigkeit liegt bei 83,7 %. Das ist viel besser als Schätzen. Besonders nützlich, wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Haus „in Ordnung“ ist oder nicht.