Energieaudits in Wohnimmobilien: So funktioniert der Ablauf, was sie kosten und warum sie sich lohnen

Energieaudits in Wohnimmobilien: So funktioniert der Ablauf, was sie kosten und warum sie sich lohnen
Gerhard Schaden 3 Nov 2025 0 Kommentare Bauen und Renovieren

Stellen Sie sich vor, Ihr Wohngebäude verbraucht jedes Jahr 20.000 Euro an Energiekosten. Was, wenn Sie davon 30 % einsparen könnten? Das sind 6.000 Euro pro Jahr - und das ohne neue Heizung, ohne komplette Sanierung, nur durch gezielte Maßnahmen. Genau das ist der Kern eines Energieaudits in Wohnimmobilien. Es ist kein Luxus, kein zusätzliches Papierkram, sondern ein Werkzeug, das zeigt, wo Geld versickert - und wie Sie es zurückholen.

Was genau ist ein Energieaudit in Wohnimmobilien?

Ein Energieaudit ist eine systematische Prüfung des Energieverbrauchs in einem Wohngebäude. Es geht nicht darum, einfach nur die Heizung anzuschauen. Es geht um alles: Wie gut sind die Wände gedämmt? Wie alt ist die Heizungsanlage? Wie viel Strom verbrauchen die Treppenhauslampen? Werden Fenster richtig geschlossen? Die Auswertung erfolgt nach der europäischen Norm DIN EN 16247-1 und liefert konkrete Zahlen, nicht nur allgemeine Aussagen.

Das Ziel ist klar: Identifizieren, wo Energie verloren geht, und dann einen Fahrplan erstellen, wie man das stoppt. Besonders für Wohnungsunternehmen mit mehreren Gebäuden ist das entscheidend. Sie müssen nach deutschem Recht ein Energieaudit durchführen, wenn sie als öffentliche Einrichtung gelten - unabhängig davon, ob sie klein oder groß sind. Aber auch private Hausbesitzer profitieren davon, wenn sie langfristig sparen wollen.

Wie läuft ein Energieaudit ab? Der sechsschrittige Prozess

Ein professionelles Energieaudit folgt einem klaren Ablauf. Es ist kein spontaner Rundgang, sondern ein strukturierter Prozess.

  1. Datensammlung: Der Energieberater fragt nach den letzten drei Jahren Heizkostenabrechnungen, Stromverbrauchsdaten pro Wohnung, Baujahr, vorherige Sanierungen und Bestandspläne. Wer das nicht bereit hat, verlängert den Prozess unnötig.
  2. Ortstermin: Der Experte besucht die Immobilie. Er prüft die Dämmung von Außenwänden, Dach und Kellerdecke, misst Fenster und Türen, untersucht die Heizungsanlage, die Lüftung und die Beleuchtung. Dabei nutzt er oft Thermografie, um Wärmeverluste sichtbar zu machen.
  3. Verbrauchsanalyse: Die gesammelten Daten werden in Software eingegeben. Hier wird berechnet, wie viel Energie das Gebäude tatsächlich verbraucht - und wie viel es theoretisch brauchen würde, wenn es modern wäre.
  4. Wärmebilanz: Es wird genau analysiert, wo die größten Wärmeverluste stattfinden. Meist sind es die Außenwände, die alten Fenster oder der nicht gedämmte Dachboden.
  5. Maßnahmenkatalog: Jetzt kommt der entscheidende Teil: Der Berater listet konkrete Sanierungsmaßnahmen auf. Nicht alle, nur die rentablen. Zum Beispiel: „Fenster austauschen: 12.000 €, Einsparung 2.100 €/Jahr, Amortisation in 5,7 Jahren.“ Oder: „Heizungsregelung optimieren: 800 €, Einsparung 900 €/Jahr, Amortisation in 10 Monaten.“
  6. CO₂- und Primärenergie-Bewertung: Der Berater zeigt, wie viel CO₂ eingespart wird, wenn die Maßnahmen umgesetzt werden. Das ist nicht nur gut für die Umwelt - es zählt auch bei Förderanträgen.

Ein gutes Audit endet nicht mit einem 50-seitigen Dokument, das niemand liest. Es endet mit einer klaren Prioritätenliste: Was bringt die größte Wirkung für das geringste Geld? Was kann man sofort machen? Was lohnt sich erst in fünf Jahren?

Wie viel kostet ein Energieaudit in Wohnimmobilien?

Die Kosten variieren stark - aber sie sind oft niedriger, als man denkt. Für kleine Wohnungsunternehmen mit 100 bis 200 Wohnungen liegen die Preise zwischen 2.250 und 4.500 Euro brutto. Ein großer Anbieter bietet für ein einzelnes Verwaltungsstandort mit weniger als 150 Wohnungen sogar einen Pauschalpreis von 2.250 Euro an.

Im Vergleich zu gewerblichen Gebäuden ist das günstig. Dort können Audits bis zu 16.000 Euro kosten - wegen komplexer Lüftungs- und Klimasysteme. Wohnimmobilien sind einfacher. Aber: Die Kosten müssen verhältnismäßig sein. Das Gesetz sagt klar: Ein Audit darf nicht mehr kosten als ein Bruchteil der jährlichen Energiekosten. Wenn ein Gebäude 50.000 Euro im Jahr an Energiekosten verursacht, ist ein 5.000-Euro-Audit akzeptabel. Bei 10.000 Euro Kosten sollte das Audit nicht über 2.000 Euro liegen.

Einige Unternehmen haben schlechte Erfahrungen gemacht. Ein kleiner Anbieter hat einem Vermieter mit 120 Wohnungen einen Bericht verkauft, der nur allgemeine Aussagen enthielt - „mehr Dämmung empfehlenswert“ - ohne konkrete Zahlen oder Prioritäten. Der Vermieter zahlte 2.850 Euro und bekam kaum nutzbare Informationen. Deshalb: Holen Sie mindestens drei Angebote ein. Prüfen Sie, ob der Anbieter die Checkliste der Deutschen Energie-Agentur (dena) nutzt. Das ist ein guter Indikator für Qualität.

Visueller Zyklus der sechs Schritte eines Energieaudits mit Symbolen und Einsparwerten.

Förderung: Fast kostenlos durch BAFA-Zuschüsse

Das ist der entscheidende Trumpf: Sie müssen das Audit nicht selbst bezahlen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fördert bis zu 50 % der Kosten.

  • Bei jährlichen Energiekosten unter 10.000 Euro: 50 % des Honorars, max. 600 Euro.
  • Bei Energiekosten über 10.000 Euro: Bis zu 3.000 Euro Zuschuss.

Ein Beispiel: Ein Wohnungsunternehmen mit 500 Wohnungen hat jährliche Energiekosten von 18.500 Euro. Das Audit kostet 4.200 Euro brutto. Die BAFA-Förderung beträgt 3.000 Euro. Netto zahlt das Unternehmen nur 1.200 Euro. Und die Einsparungen? 18.500 Euro pro Jahr. Die Investition amortisiert sich in weniger als zwei Monaten - und das nur durch das Audit, noch bevor eine einzige Maßnahme umgesetzt wird.

Viele Anbieter übernehmen die Antragstellung komplett. Sie füllen das Formular aus, schicken es ein, verfolgen den Bearbeitungsstand. Seit Anfang 2023 läuft das über eine digitale Plattform - die Bearbeitungszeit sank von 12 auf 6 Wochen.

Was bringt ein Energieaudit wirklich? Der Nutzen im Detail

Die Einsparungen sind nicht theoretisch. Sie sind messbar.

  • 30 % Energiekostensenkung sind realistisch, wenn alle Maßnahmen umgesetzt werden. Das bedeutet bei 20.000 Euro Jahreskosten: 6.000 Euro mehr im Jahr für andere Investitionen.
  • Schnelle Maßnahmen wie Heizungsregelung, Pumpentausch oder LED-Beleuchtung in Treppenhäusern amortisieren sich oft in unter zwei Jahren.
  • Fördermittel für Sanierungen werden nur vergeben, wenn ein Energieaudit vorliegt. Ohne Audit: kein Zuschuss von KfW oder BAFA.
  • Rechtssicherheit: Für öffentliche Wohnungsunternehmen ist das Audit Pflicht. Wer es nicht macht, riskiert Bußgelder.
  • Wertsteigerung: Immobilien mit nachgewiesener Energieeffizienz sind attraktiver für Mieter und teurer zu verkaufen. Das ist kein Marketing-Gag - das zeigen Mietpreise und Verkaufspreise.

Ein Wohnungsunternehmen in Hamburg hat nach dem Audit 17 Maßnahmen identifiziert. Die ersten fünf wurden umgesetzt: neue Heizungsregelung, Dämmung des Dachbodens, LED-Licht, Fensterdichtungen, hydraulischer Abgleich. Ergebnis nach einem Jahr: 22 % weniger Energieverbrauch. Die Mieter merken es - die Heizkostenabrechnungen sind niedriger. Und die Betriebskosten sinken.

Vergleich von energieverschwenderischem und energieeffizientem Wohngebäude, rot vs. grün.

Was Sie vor dem Audit tun müssen

Ein Audit läuft nicht gut, wenn Sie nicht vorbereitet sind. Hier ist, was Sie brauchen:

  • Heizkostenabrechnungen der letzten drei Jahre (pro Wohnung oder Gesamtgebäude)
  • Stromverbrauchsdaten (z. B. aus Zählerständen oder Vertragsunterlagen)
  • Bauunterlagen: Baupläne, Dämmstärken, Fenstertypen, Heizungsmodell
  • Liste aller vorherigen Sanierungen (z. B. „Fenster 2020 ausgetauscht“)
  • Verträge mit Energieversorgern (um Verbrauchsmuster zu verstehen)

Expertentipp: Sammeln Sie die Unterlagen mindestens zwei Wochen vor dem Termin. Wer das nicht macht, verliert Zeit und Geld. Ein Audit, das auf Schätzungen basiert, ist wertlos.

Was Sie nach dem Audit tun müssen

Ein Audit ist kein Endpunkt - es ist der Anfang. Der Bericht ist nur so gut wie die Umsetzung.

  • Priorisieren Sie: Führen Sie die Maßnahmen nach Amortisationszeit auf. Was zahlt sich in weniger als drei Jahren aus? Das ist Ihr erster Schritt.
  • Planen Sie Schritt für Schritt: Setzen Sie nicht alles auf einmal um. Machen Sie eine Sanierungsroadmap für die nächsten fünf Jahre.
  • Bewahren Sie den Bericht auf: Er ist Ihr Nachweis für Fördermittel, Steuervorteile und Mieterinformationen.
  • Informieren Sie die Mieter: Erklären Sie, warum die Maßnahmen wichtig sind. Das schafft Akzeptanz - besonders bei Mieterhöhungen durch Sanierungen.

Einige Unternehmen machen den Fehler: Sie machen das Audit, legen den Bericht in die Schublade und vergessen ihn. Das ist Verschwendung. Das Audit ist kein Papierkram - es ist ein strategisches Instrument.

Was kommt 2024 und danach?

Die EU verschärft die Regeln. Ab 2024 wird erwartet, dass Wohnungsunternehmen nicht nur Audits durchführen, sondern auch konkrete Sanierungspläne vorlegen müssen. Die Digitalisierung wird weiter voranschreiten: Bald werden Sensoren in Gebäuden automatisch Verbrauchsdaten an Berater senden. Audits werden schneller, genauer, billiger.

Der Markt wächst: 2022 wurden 12.500 Audits in Wohnimmobilien durchgeführt - 22 % mehr als 2021. Die fünf größten Anbieter kontrollieren 35 % des Marktes. Die Kundenzufriedenheit liegt bei 3,8 von 5 Sternen. Die Qualität der Beratung wird gut bewertet - der Preis eher nicht. Das heißt: Es lohnt sich, nach dem besten Angebot zu suchen, nicht nach dem billigsten.

Ist ein Energieaudit für kleine Hausbesitzer sinnvoll?

Ja, besonders wenn Sie planen, die Immobilie zu sanieren. Ein Energieaudit zeigt, welche Maßnahmen wirklich lohnen - und welche nur Geld verschwenden. Auch private Hausbesitzer können bis zu 600 Euro Förderung vom BAFA bekommen, wenn die jährlichen Energiekosten unter 10.000 Euro liegen. Es ist der erste Schritt, um Fördermittel für Dämmung oder Heizung zu erhalten.

Kann ich ein Energieaudit selbst machen?

Nein. Ein Energieaudit nach DIN EN 16247-1 muss von einem zertifizierten Energieberater durchgeführt werden. Selbst wenn Sie alle Daten haben, fehlt die fachliche Expertise für die Analyse, die Berechnung der Einsparpotenziale und die rechtssichere Dokumentation. Nur ein zertifizierter Berater kann den Bericht ausstellen, der für Fördermittel akzeptiert wird.

Was ist der Unterschied zwischen Energieaudit und Energieausweis?

Der Energieausweis ist ein Passwort für das Gebäude - er sagt, wie effizient es ist. Der Energieaudit ist eine Diagnose. Er sagt, warum es ineffizient ist und was konkret getan werden muss, um es besser zu machen. Der Energieausweis ist Pflicht beim Verkauf oder Mieten. Das Audit ist Pflicht für Wohnungsunternehmen und lohnt sich für alle, die sparen wollen.

Wie lange gilt ein Energieaudit?

Ein Energieaudit ist fünf Jahre gültig. Danach muss es erneuert werden - besonders wenn neue Maßnahmen umgesetzt wurden. Die BAFA akzeptiert nur aktuelle Audits für Förderanträge. Ein Audit aus dem Jahr 2020 ist heute nicht mehr gültig, wenn Sie 2025 Fördermittel beantragen.

Was passiert, wenn ich kein Energieaudit mache?

Wenn Sie ein Wohnungsunternehmen sind, das als öffentliche Einrichtung gilt, drohen Bußgelder. Die Aufsichtsbehörden prüfen regelmäßig die Einhaltung. Auch für private Hausbesitzer ist das Risiko nicht nur rechtlich, sondern finanziell: Ohne Audit verpassen Sie Fördermittel - und damit die Chance, Sanierungen günstiger zu machen. Sie zahlen dauerhaft mehr für Energie.