Schalterprogramme im Designvergleich: Optik und Funktion - Gira, JUNG, Berker & Co. im Praxistest

Schalterprogramme im Designvergleich: Optik und Funktion - Gira, JUNG, Berker & Co. im Praxistest
Thomas Hofstätter 1 Dez 2025 0 Kommentare Bauen und Renovieren

Ein Lichtschalter ist mehr als nur ein Knopf zum Ein- und Ausschalten. In modernen Häusern ist er ein Designelement, das den Charakter eines Raumes prägt - und gleichzeitig die ganze Hausautomation steuert. Wer heute neu baut oder renoviert, steht vor einer Flut an Schalterprogrammen: von schlichtem Weiß bis zu Edelstahl mit Touch-Display. Doch welches System passt wirklich zu Ihrem Zuhause? Und was bringt die Funktionalität wirklich, wenn das Design so gut aussieht?

Was ist ein Schalterprogramm wirklich?

Ein Schalterprogramm ist kein einzelner Schalter. Es ist ein ganzes System: Rahmen, Funktionseinsätze, Abdeckungen - alles passt perfekt zusammen. Die meisten Systeme folgen einem Standardmaß von 55 x 55 mm, wie es Gira mit dem System 55 in den 1980er Jahren etabliert hat. Das ist der Grundbaustein, auf dem heute fast alles aufbaut. Aber das ist nur die technische Basis. Der wirkliche Unterschied liegt in der Gestaltung, den Materialien und der Integration von Smart-Home-Funktionen.

Heute geht es nicht mehr nur darum, Licht einzuschalten. Es geht darum, mit einem Fingerzug die Jalousien zu steuern, die Raumtemperatur zu regeln oder Lichtszenarien zu wechseln - alles über dieselben Schalter, die auch das Licht kontrollieren. Und das muss nicht aussehen wie ein Büro-PC. Es muss sich anfühlen wie ein hochwertiges Möbelstück.

Gira System 55: Der Marktführer mit puristischem Anspruch

Gira hat mit dem System 55 den Standard gesetzt. 22 Prozent Marktanteil im deutschen Elektrohandel - das ist kein Zufall. Die Rahmen sind schlicht, kantig, fast unsichtbar. Die Besonderheit? Es gibt keine Stege zwischen den einzelnen Elementen. Wenn Sie drei Schalter nebeneinander haben, wirkt es wie ein einziges, durchgängiges Panel. Architekten lieben das. In 68 Prozent der Neubauten, so eine Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Architektur, wird Gira System 55 bevorzugt.

Das Design ist minimalistisch, aber nicht kalt. Sie können Rahmen aus Kunststoff, Aluminium, Edelstahl oder Glas wählen. Farben reichen von klassischem Weiß bis zu tiefem Anthrazit oder einem glänzenden Schwarz, das wie Lack wirkt. Die Haptik ist exzellent - ein guter Schalter fühlt sich schwer und präzise an. Kein Plastik-Geplapper, sondern ein sanftes, präzises Klicken.

Die Funktionalität ist breit: Dimmer, Bewegungsmelder, Touch-Sensoren, KNX-Integration - alles ist verfügbar. Gira bietet sogar einen Online-Konfigurator, mit dem Sie Ihr eigenes Schalterlayout in Echtzeit erstellen können. Das erhöht die Planungssicherheit um 28 Prozent, wie eine Studie von BDA und ZVEH zeigt. Aber: Wer Smart-Home-Funktionen will, braucht oft spezielle Adapter. 32 Prozent der Nutzer berichten von mehr Aufwand als erwartet. Und die Preise? Ein einfacher Weiß-Schalter kostet 12 Euro. Ein Edelstahl-Dimmer mit Touch-Funktion? Bis zu 38 Euro. Das ist Premium, aber nicht billig.

JUNG LS-DESIGN: Der Meister der diskreten Eleganz

JUNG macht etwas anderes. Sie setzen auf eine patentierte Schattenfuge. Das ist eine feine Vertiefung an der Rückseite des Rahmens, die einen optischen Abstand von 1,5 mm zur Wand erzeugt. Das Ergebnis? Der Schalter scheint zu schweben. Es ist eine subtile, fast unsichtbare Technik - aber sie verändert die Wahrnehmung komplett.

Bei neutralen Farben wie Alpinweiß oder Lichtgrau wirkt das extrem elegant. Es ist nicht auffällig, aber es ist da. Und das ist der Punkt. JUNG richtet sich an Menschen, die kein auffälliges Design wollen, aber trotzdem Wert auf Qualität legen. Die Rahmen sind leicht abgerundet, die Kanten weicher als bei Gira. Das fühlt sich warm an, nicht kalt.

Im März 2025 hat JUNG auf der Light + Building das LS-DESIGN 2.0 vorgestellt - mit neuem recyceltem Aluminium und einer verbesserten Schattenfuge. Das ist ein klares Zeichen: Nachhaltigkeit ist kein Marketing-Gag mehr, sondern Teil des Produktdesigns. Die Preise liegen zwischen 15 und 25 Euro pro Einheit - klar im gehobenen Mittelstand. Wer ein Haus mit viel Holz, Naturstein und sanften Farben hat, für den ist JUNG oft die bessere Wahl als Gira. Es fügt sich ein, ohne aufzufallen.

JUNG-Schalter scheint über einer Steinwand zu schweben, durch feine Schattenfuge betont.

Berker R.classic: Tradition mit moderner Seele

Berker ist der Klassiker mit runder Form. Die Rahmen sind leicht abgerundet, die Schalterknaufe sind oval - ein klarer Kontrast zu den kantigen Gira- oder JUNG-Modellen. Das macht Berker besonders beliebt bei Renovierungen. In Altbauten mit Holzvertäfelung, klassischen Türen und alten Fenstern wirkt ein runder Schalter nicht fremd. Er wirkt wie dazu gehört.

Die Materialpalette ist breit: Kunststoff, Glas, Aluminium, Edelstahl - und das in fünf Farben. Die neue R.classic Evolution, die im November 2024 vorgestellt wurde, bringt neue Farben wie Graphit und Marmoroptik. Das ist ein Schritt in Richtung Individualität. Und auch die Technik ist stark: KNX-Touch-Sensoren steuern nicht nur Licht, sondern auch Heizung, Jalousien und Zeitschaltuhren. Die Integration mit Smart-Home-Systemen ist aber nicht immer nahtlos. Nur 63 Prozent der getesteten Berker-KNX-Komponenten funktionieren ohne zusätzliche Programmierung, wie eine Studie des Fraunhofer-Instituts zeigt.

Die Preise liegen zwischen 18 und 45 Euro. Die Manufaktur-Edition, mit handgefertigten Oberflächen, ist eine Investition - aber auch eine Aussage. Wer Berker wählt, will nicht nur funktionieren, sondern auch eine Geschichte erzählen. Der Nachteil? Wechseln Sie von JUNG oder Gira zu Berker, müssen Sie oft die gesamte Unterputzdose austauschen. Ein Nutzer berichtete auf einem Forum von zusätzlichen 350 Euro Kosten bei einem kompletten Wechsel.

Klein, Merten & Co.: Der Alltagstaugliche

Wenn Sie kein Designerhaus haben, sondern ein Einfamilienhaus mit klarem Budget, dann sind Klein und Merten die realistische Wahl. Die Preise liegen zwischen 8 und 15 Euro pro Einheit. Klein SI ist das Standardmodell, das in tausenden Wohnungen installiert ist. Es ist einfach, robust, zuverlässig. Kein Design-Statement, aber auch kein Ärgernis.

Merten ELSO Joy ist etwas spezieller. Es bietet Rahmen für Hotel-Kartenschalter, Telefondosen oder Bewegungsmelder - also für Nischenanwendungen. Aber die Designvielfalt ist begrenzt. Es gibt kaum Farboptionen, keine Edelstahl- oder Glasvarianten. Wer hier auf Smart-Home setzt, muss oft auf separate Geräte ausweichen. Das ist praktisch für Bauträger, aber nicht für Eigenheimbesitzer, die etwas Besonderes wollen.

Die Bewertungen auf Elektroforum.de liegen bei 4,1 Sternen - gut, aber nicht herausragend. 68 Prozent der Nutzer sagen: Das Design ist ihr Hauptgrund für den Kauf. Aber bei Klein und Merten ist das Design meist das einzige, was sie haben. Kein Schatten, keine Haptik, kein Materialmix. Es funktioniert. Aber es erhebt sich nicht.

Runder Berker-Schalter mit Marmoroptik an holzvertäfelter Wand, subtile Smart-Home-Symbole umgeben ihn.

Design vs. Funktion: Was zählt wirklich?

Ein klares Fazit aus den Nutzerbefragungen: Design ist der wichtigste Kaufgrund. 68 Prozent der Nutzer nennen es als Nr. 1. Nur 22 Prozent sagen, sie hätten vor allem die Funktionalität im Blick. Das ist überraschend - und es zeigt, wie stark sich der Markt verändert hat. Früher war es: „Läuft es?“ Heute ist es: „Passt es?“

Die Funktion ist heute fast überall gleich. Jedes System kann Dimmen, KNX, Touch, Bewegungsmelder. Der Unterschied liegt im Detail: Wie fühlt sich der Schalter an? Wie wirkt er an der Wand? Passt er zu den Türen, den Möbeln, dem Boden? Ein Schalter ist kein Teil der Elektroinstallation - er ist ein Teil der Einrichtung.

Die größte Herausforderung bleibt die Kompatibilität. Wer von einem System zum anderen wechselt, muss oft neue Unterputzdosen einbauen. Das kostet durchschnittlich 42 Euro pro Ausführung - und das bei einer Renovierung mit 20 Schaltern? Das sind fast 850 Euro mehr. Planen Sie also immer mit dem Wechsel. Und fragen Sie Ihren Elektroinstallateur: „Kann ich später auf ein anderes System umsteigen?“

Die Zukunft: Smart, nachhaltig, individualisiert

Der Markt wächst. 1,2 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2024, mit 4,3 Prozent jährlichem Wachstum. Warum? Weil Smart Home kein Trend mehr ist, sondern Standard. 54 Prozent der verkauften Schalterprogramme 2024 enthielten Smart-Komponenten. Bis 2027 soll dieser Anteil auf 78 Prozent steigen.

Nachhaltigkeit wird wichtiger. 41 Prozent der Hersteller bieten jetzt recycelte Materialien an. Ab 2026 schreiben die EU-Richtlinien Rückbaufreundlichkeit vor - das wird die Preise um 8 bis 12 Prozent steigen lassen. Aber es ist notwendig. Ein Schalterprogramm soll 25 Jahre halten - laut Fraunhofer-Institut. Das ist die neue Norm.

Die größte Chance liegt im Energiemanagement. Bis 2030, so das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, wird fast jeder zweite Schalter nicht nur Licht steuern, sondern auch den Energieverbrauch optimieren. Wer heute investiert, investiert nicht in einen Schalter - sondern in ein intelligentes Zuhause.

Was ist für Sie das richtige System?

  • Wählen Sie Gira System 55, wenn Sie modernes, puristisches Design lieben, viel Wert auf Haptik legen und bereit sind, für Premium zu zahlen. Ideal für Neubauten und Designerwohnungen.
  • Wählen Sie JUNG LS-DESIGN, wenn Sie diskrete Eleganz bevorzugen, keine auffälligen Linien wollen, aber trotzdem Qualität und Nachhaltigkeit schätzen. Perfekt für rustikale oder neutrale Räume.
  • Wählen Sie Berker R.classic, wenn Sie renovieren, klassische Räume haben oder runde Formen lieben. Die beste Wahl für Altbauten - aber achten Sie auf die Kompatibilität.
  • Wählen Sie Klein oder Merten, wenn Sie ein klaren Budget haben und keine Designansprüche haben. Funktion pur - aber keine Emotion.

Denken Sie daran: Ein Schalter wird 25 Jahre lang täglich berührt. Er sollte nicht nur gut aussehen - er sollte sich gut anfühlen. Und er sollte nicht nur heute funktionieren, sondern auch in zehn Jahren noch erweiterbar sein.

Kann ich verschiedene Schalterprogramme in einem Haus mischen?

Technisch ja - aber gestalterisch nein. Jedes System hat andere Rahmenmaße, Befestigungen und Oberflächen. Wer Gira und JUNG nebeneinander montiert, schafft ein unharmonisches Bild. Es wirkt wie ein Sammelsurium, nicht wie ein durchdachtes Design. Besser: Ein System pro Raum oder komplett einheitlich im ganzen Haus.

Ist ein teurer Schalter auch langlebiger?

Nicht unbedingt. Die elektrischen Komponenten in einem 15-Euro-Schalter von Klein und einem 40-Euro-Schalter von Gira sind oft identisch. Der Unterschied liegt im Rahmenmaterial, der Oberflächenverarbeitung und der Haptik. Ein teurer Schalter hält länger, weil er nicht bricht, nicht verfärbt und nicht kratzt. Aber die Technik? Die funktioniert bei beiden gleich gut - vorausgesetzt, sie ist richtig installiert.

Warum kostet die Integration von Smart Home so viel?

Weil es nicht nur ein Schalter ist, sondern ein kleiner Computer. KNX- oder Zigbee-Module brauchen zusätzliche Stromversorgung, Kommunikationsleitungen und Programmierung. Ein einfacher Dimmer kostet 15 Euro. Ein Dimmer mit Smart-Home-Integration kostet 35 Euro - und der Installationsaufwand steigt um 50 Prozent. Es ist kein Plug-and-Play, sondern eine Systemintegration.

Wie erkenne ich einen guten Elektroinstallateur für Schalterprogramme?

Frage ihn: „Haben Sie schon mit Gira System 55 oder JUNG LS-DESIGN gearbeitet?“ Ein seriöser Installateur kennt die Systeme, hat Schulungen absolviert und kann Ihnen zeigen, wie er die Dosen vorbereitet. Wenn er sagt: „Das ist doch nur ein Schalter“, laufen Sie weg. Ein guter Installateur berät - er verkauft nicht.

Soll ich bei der Renovierung gleich auf Premium umstellen?

Ja - wenn Sie länger als fünf Jahre im Haus bleiben. Die Kosten für neue Unterputzdosen und die höheren Preise der Rahmen sind einmalig. Ein günstiger Schalter mag heute 10 Euro kosten - aber in zehn Jahren wollen Sie ihn nicht mehr sehen. Premium-Systeme halten 25 Jahre. Investieren Sie jetzt, damit Sie später nicht noch einmal renovieren müssen.